Was sind Förderkreise?

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Warum gibt es Förderkreise (FK)?

Die sieben deutschen Förderkreise setzen sich für weltweite Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein. Sie leisten entwicklungspolitische Bildungsarbeit und bieten die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Frauen, Fairness, Finanzierungen - Mit Oikocredit auf den Philippinen

Frauen, Fairness, Finanzierungen - Mit Oikocredit auf den Philippinen

07. März 2017

Frauen kontinuierlich fördern - nicht nur zum Weltfrauentag

Eva Bahner, Bildungsreferentin von Oikocredit Bayern, reiste Anfang des Jahres als Teilnehmerin der Study Tour auf die Philippinen. Im Gespräch mit ihrer Kollegin Karin Günther berichtet sie von den Besuchen bei Partnern von und deren Kundinnen. 

Du hast zwei der größten philippinischen Mikrofinanzorganisationen kennen gelernt: ASKI (Alalay Sa Kaunlaran Sa Gitnang Luzon Inc.) und CARD (Center for Agriculture and Rural Development Inc.) Welchen Einblick in deren Arbeit hast du bekommen? 

Beide Partner haben sich unwahrscheinlich viel Zeit für uns Besucherinnen und Besucher genommen. Bei ASKI hat uns Rolando Victorio, Gründer und Leiter, zwei Tage begleitet, auch zu den Kundinnen. Jeweils einen ganzen Tag informierten uns die Verantwortlichen von ASKI und CARD ausführlich über ihre Arbeit, Tochterunternehmen, soziale Leistungen und die Ideen für die zukünftige Entwicklung. Dabei ist mir bewusst geworden, dass ihre Tätigkeit weit über die „normalen“ Finanzdienstleistungen wie Kredite, Versicherungen oder Sparen hinausgeht und auch die Entwicklung der Gemeinden und Gemeinschaften umfasst. Außerdem werden Programme, Kredite und Konditionen immer wieder an die Bedürfnisse der Kundinnen angepasst.

Anlegerinnen und Anleger wollen die Gewissheit haben, dass ihr Investment bei Oikocredit Gutes & Positives bewirkt. Inwiefern trifft das für ASKI & CARD zu? Wie sieht deren sozialer Ansatz für Mikrofinanz aus?

Beide Partner ermöglichen es vor allem Frauen, auch ohne Sicherheiten einen Kredit zu bekommen. Neben Tilgung und Zinsen geht ein Teil der Rückzahlungen in ein Sparguthaben, ein anderer Teil wird für eine „Kreditversicherung“ genutzt. Damit wird ausgeschlossen, dass die Familie bei Unfall oder Tod für die noch ausstehende Kreditsumme aufkommen muss. Für alle, die in der Landwirtschaft tätig sind, gibt es daneben eine andere Rückzahlungsweise.  Sie müssen nicht wöchentliche oder monatliche Raten zahlen, sondern können den Kredit samt Zinsen dann tilgen, wenn mit der Ernte überhaupt erst ein Einkommen da ist.
Außerdem werden Kredite für Schule und Studium angeboten, die einen deutlich niedrigeren Zinssatz haben. Für häufig mehr als zwei Kinder fällt am Beginn eines Halbjahres ein großer Batzen für Schulgeld, Uniform und Materialien an. Dafür fehlen den Leuten oft die Mittel. Mit einem günstigen Kredit, dessen Rückzahlung über sechs oder 12 Monate gestreckt werden kann, können die Familien diese Ausgaben aber bewältigen.
Dazu kommen freiwillige Angebote beider Organisationen, beispielsweise zur Schulung der Betreiberinnen der Sari-Sari-Läden (kleine Gemischtwarenläden), zur finanziellen Grundbildung oder zum Erwerb von Computerkenntnissen. Zu den Leistungen der Mikrofinanzorganisationen gehören auch soziale Gemeinschaftseinrichtungen: ASKI hat für die Kundinnen, die das Geld für einen staatlichen Kindergarten nicht aufbringen könnten, eine eigene Kindertagesstätte gebaut. Im Aufbau sind gerade kleine genossenschaftliche Läden, die auch Produkte von Kundinnen anbieten.

Meist ist von Kundinnen die Rede. Welche Bedeutung hat für philippinische Frauen der Zugang zu Mikrofinanz? 

Für die Frauen bedeutet das ein Stück Selbstständigkeit, sie sind nicht mehr darauf angewiesen, Geld von ihren Männern zu erhalten. Außerdem können sie ihre eigenen Ideen umsetzen und verwirklichen, ohne in Konflikt mit den sonstigen Ausgaben für Familie, Ernährung oder Gesundheit zu kommen. Das stärkt das Selbstbewusstsein vieler Frauen, die mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation der Familie leisten.

Welche Herausforderungen sind für die Frauen mit einem Kleinkredit verbunden?

Die größte Herausforderung für die Frauen ist es, neben den Arbeiten für die Familie und oft auch in der Landwirtschaft noch mit der unternehmerischen Tätigkeit klar zu kommen. Viele der Frauen stehen morgens um vier Uhr auf und beenden ihren Arbeitstag abends um 10. Daneben ist es, trotz einer grundsätzlich guten Schulbildung, nicht für alle - Frauen und Männer - leicht, die Kreditraten, die Buchführung und die sonstigen Anforderungen eines Geschäftes zu bewältigen. Bei den Frauen, die ich getroffen habe, haben aber eindeutig die Chancen überwogen. Alle waren sich einig, dass ihnen die Verantwortung aber auch das Erleben, sein Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können, viel gebracht hat - für die persönliche Entwicklung, ihr Selbstvertrauen oder ihren Mut, vor anderen zu sprechen.

Du hast mehrere Mikrofinanzkundinnen getroffen. Was haben sie von ihren Erfahrungen mit einem Kleinkredit erzählt?

Für alle war der (Klein)Kredit die Möglichkeit, dringend notwendige Anschaffungen zu tätigen oder ein vorhandenes Geschäft auszubauen. Das gesparte Geld alleine würde dazu nicht reichen. Viele waren sehr dankbar, dass ASKI immer wieder auf die Wünsche der Kreditnehmerinnen eingeht – so wurde beispielsweise das System der Gruppenkredite fast vollständig auf Einzelkredite umgestellt, weil diese Form den Frauen lieber war. Außerdem schätzen viele Frauen die Möglichkeit, im Fall einer Naturkatastrophe (Überflutung, Wirbelsturm) eine sogenannte „grace period“ vereinbaren zu können, in der die Rückzahlung des Kredites und der Zinsen für einige Monate ausgesetzt wird.

Ein nettes Erlebnis am Rande war, dass das System der „Beschwerdemeldung“ per Handy von manchen Frauen auch anders genutzt wird. Zum Beispiel um den MitarbeiterInnen für die rasche Bearbeitung von Krediten nach einem Taifun zu danken oder über eine gelungene Schullaufbahn der Kinder oder die positive Entwicklung des Geschäftes zu berichten. 

Welche Frau auf den Philippinen hat dich am meisten beeindruckt?

Amina Mendez, eine sehr junge Abteilungsleiterin bei ASKI – ihre Mutter war viele Jahre Kreditnehmerin und konnte die Tochter mit mehreren Schulstipendien auf die Universität schicken. Dort hat sie sich ein Stipendium für die Ohio State University in den USA erarbeitet, konnte ihren Abschluss „summa cum laude“ machen und ist jetzt bei ASKI Leiterin der Unternehmensentwicklung. Sie hat uns eine unglaublich komprimierte, übersichtliche, spannende und abwechslungsreiche Präsentation über die soziale Arbeit und die Wirkungskontrolle bei ASKI gegeben. Nicht gerade Themen, bei denen man sonst leicht ins Schwärmen kommt…

Als Bildungsreferentin hast du dich schon viel mit dem Finanzierungsmodell von Oikocredit und Mikrofinanz befasst. Was hast du durch die Study Tour dazu gelernt?

Neu war für mich, dass viele der Kreditnehmerinnen seit 20 oder mehr Jahren immer wieder Kredite aufnehmen und anscheinend das Gesparte noch immer nicht reicht, um Produktionsmittel oder Anschaffungen zu bezahlen. Eigentlich ist das Ziel, dass die Leute von Krediten unabhängig werden. Allerdings legen viele Kundinnen ihr gespartes Geld wegen der unsicheren wirtschaftlichen Entwicklung und der Inflation in Schmuck an. Der wird bei Bedarf schwerer oder nur mit größerem Verlust zu Geld gemacht, ein Kredit ist dann der sinnvollere Weg. Manchmal sind eben die Grundvoraussetzungen ganz andere als wir denken!
Überrascht hat es mich, dass eine Mikrofinanzinstitution wie ASKI so stark im „community based development“ (ganzheitliche Entwicklung auf Basis der lokalen Gemeinschaft) tätig ist. Für viele der Frauen, die ich getroffen habe, steht nicht die Möglichkeit, einen Kredit zu erhalten im Vordergrund. Sie schätzen besonders die sonstigen Leistungen von ASKI –Versicherungen, Kindergarten/Schule, den Genossenschaftsladen, die Aufbereitung von Trinkwasser, die Schulungsangebote oder auch die Ausbildungen mit staatlich anerkanntem Abschluss für junge, häufig arbeitslose Männer.
Beide von mir besuchten Institutionen führen in erheblichem Umfang Schulungen und Bildungsmaßnahmen selbst durch. Alle Seiten, Oikocredit, die Partner und die Menschen, sind sich darüber im Klaren, dass eine gute Bildung die Basis für eine langfristige Verbesserung der Lebenssituation und eine nachhaltige Entwicklung der Gemeinschaft ist. Das war für mich als Bildungsreferentin natürlich eine wunderbare Beobachtung!

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Kontakt

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